Gastgeberin: Monika Wienfort, Professorin für Brandenburgisch-preußische Geschichte, Universität Potsdam
Die Wende zum 19. Jahrhundert ist für Preußen eine Zeit politischer, wissenschaftlicher und kultureller Wandlungen, die sich zwar nicht wie in Frankreich in atemberaubendem Tempo der sich überschlagenden Ereignisse abspielten, gleichwohl alle Bereiche der preußischen Gesellschaft betrafen und nachhaltig prägten. Der Preußen-Salon bietet Einblicke in die Metamorphosen politischer und kultureller Institutionen und blickt auf gelehrte Reflektionen über Revolution, Reform und Freiheit.
19:00 - 19:45 Uhr
Welthistorische Ereignisse wie die Französische Revolution unterliegen, zumal im Bewusstsein der Zeitgenossen, unterschiedlichen Deutungen, da das Ereignis selbst sich nicht und nicht von selbst versteht, sondern erst verstanden werden muss. In Schleiermachers Deutung der Französischen Revolution wird diesem Ereignis, auch gegen konkurrierende Deutungen, eine neue, religiöse Gestalt gegeben. Diese Metamorphose soll anhand seiner „Reden über die Religion“ (1799) aufgezeigt werden.
Ein Vortrag von Andreas Arndt, Professor (em.) für Philosophie an der HU Berlin und Projektleiter des Akademienvorhabens „Schleiermacher in Berlin 1808–1834“, BBAW.
20:00 - 20:45 Uhr
Ovid beschreibt in den „Metamorphosen“ die Entstehung und Veränderung der Welt in Mythen, in denen sich die Veränderung des Zustands eines Individuums in der Verwandlung seiner Form ausspricht. Visualisiert wird die Transformation stets durch eine neue Gestalt: Daphne verwandelt sich in Lorbeer, mit dem fortan Sieger und Helden gekrönt werden, Syrinx verwandelt sich in Schilfrohr, aus dem die Panflöte entsteht. Ovid zeigt poetisch, wie der Organismus seine ihm adäquate Form schafft.
Der Vortrag führt aus, wie Iffland das Berliner Nationaltheater, einen institutionellen Organismus, um 1800 mittels Reformen eine Metamorphose durchleben lässt, indem er das Bühnenspiel, das Kostüm und die Beleuchtung modernisiert und dem Theater auch durch ein neues Gebäude eine andere Gestalt geben lässt.
Ein Vortrag von Klaus Gerlach, „August Wilhelm Ifflands dramaturgisches und administratives Archiv 1796–1814“, BBAW.
21:00 - 21:45 Uhr
Der Zusammenbruch des preußischen Staates nach der Schlacht von Jena und Auerstedt 1806 war nicht nur Motor der bekannten Stein-Hardenbergschen Reformen, er bot auch einen willkommenen Anlass, um den preußischen Königshof vollkommen neu zu organisieren. Dabei lassen sich zwei nur teilweise miteinander verbundene Reformprozesse wahrnehmen: Zunächst wurde sofort nach dem Königsberger Exil der Königsfamilie 1810 die schon seit längerem als ineffizient empfundene Hofverwaltung umstrukturiert. Knapp ein Jahrzehnt später wurden schließlich die Finanzen des Hofes und der Dynastie neu geordnet. Diese Reformen waren ein wichtiges Element der Metamorphose der preußischen Monarchie im 19. Jahrhundert.
Ein Vortrag von Anja Bittner und Annelie Große, Akademienvorhaben „Anpassungsstrategien der späten mitteleuropäischen Monarchie am preußischen Beispiel, 1786–1918“, BBAW.
22:00 - 22:45 Uhr
1826 veröffentlichte Alexander von Humboldt in Paris den „Essai politique sur l'île de Cuba“. Es war zugleich sein umstrittenstes Werk, ein Fanal gegen die Sklaverei in den Kolonien und den transatlantischen Sklavenhandel. Die kubanische Kolonialverwaltung ließ die spanische Übersetzung 1827 kurzerhand verbieten. Der Text wurde zum Tagesgespräch, als sich Humboldt noch in den 1850er Jahren in amerikanischen Zeitungen gegen eine englische Übersetzung wehren musste, die das Kapitel über die Sklaverei weggelassen und die abolitionistische Haltung des Werkes unkenntlich gemacht hatte. In Humboldts öffentlichem Bekenntnis lag damals wie heute die Bedeutung dieses höchst umstrittenen Textes. Der französische Essai wurde jedoch nie vollständig ins Deutsche übersetzt. Mit dem Band „Politischer Versuch über die Insel Kuba“ (J.B. Metzler 2024) liegt nun erstmals eine wissenschaftlich fundierte Übersetzung von Humboldts Text vor. Die Herausgeber Ottmar Ette und Ingo Schwarz stellen den Band vor (Moderation: Tobias Kraft).
Eine Veranstaltung des Akademienvorhabens „Alexander von Humboldt auf Reisen – Wissenschaft aus der Bewegung“ mit Ottmar Ette (Romanist, Universität Potsdam, Akademiemitglied und Projektleiter des Akademienvorhabens), Ingo Schwarz (Seniorwissenschaftler im Akademienvorhaben) und Tobias Kraft (Arbeitsstellenleiter).