Gastgeber: Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache (ZDL)
Konflikte spielen sich nicht nur in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft ab, sondern auch in der Sprache selbst. Wörter können zum Streitpunkt werden oder selbst als Waffen dienen, sie tragen Spuren vergangener Auseinandersetzungen und eröffnen neue. Auch grammatische und orthographische Regeln oder Wortbedeutungen können jeweils in Konkurrenz geraten. Sprache kann nicht nur Gegenstand von Konflikten, sondern auch Medium und Werkzeug ihrer Verhandlung sein – früher wie heute. In vier Beiträgen widmen wir uns diesen Facetten: von Konfliktgeschichten einzelner Wörter über sprachliche Zweifelsfälle bis hin zu Kontroversen zu Leibniz‘ Zeiten.
Man kann um Wörter kämpfen und mit Wörtern kämpfen. Unsere Sprache wimmelt von Schlagwörtern, Reizwörtern, Unwörtern. In der historischen Betrachtung können wir zeigen, welche Spuren gesellschaftliche Konflikte in unserem Wortschatz hinterlassen haben, wie Wortbedeutungen im Widerstreit der Positionen entstehen und sich verändern. Wir schauen auf einzelne Wörter aus dem ZDL-Projekt Wortgeschichte digital, die eine Konfliktgeschichte zu erzählen haben (wie Suffragette und Prolet) oder aktuelles Konfliktpotential besitzen (wie Elite oder Hassrede).
Ein Vortrag von Andreas Gardt und Volker Harm (ZDL, Niedersächsische Akademie der Wissenschaften zu Göttingen).
Warum gibt es neben dem Ausdruck einer Nacht auch die Wendung eines Nachts? Wann schreibt man Nachts groß, wann wird nachts klein geschrieben? Heißt es tausendundeine Nacht oder tausendundeins Nächte? Wir diskutieren, woraus sich Zweifelsfälle in der deutschen Sprache ergeben: aus der Konkurrenz zwischen Standardsprache und nicht-standardsprachlichen Formen, aus Phänomenen des Sprachwandels oder aus Konflikten zwischen komplexen sprachlichen Regularitäten. Dabei werden wir auf Daten aus dem Duden-Band Sprachliche Zweifelsfälle und dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) eingehen.
Mit Beiträgen von Mathilde Hennig (Justus-Liebig-Universität Gießen), Andreas Nolda und Ralf Osterwinter (ZDL).
Sprache kennt Konkurrenz: Wörter kämpfen um dieselben semantischen Positionen, überlagern sich, verdrängen einander oder bestehen nebeneinander fort, etwa als Quasi-Synonyme. Mithilfe des DWDS-Wortprofils lassen sich solche Wortkonflikte empirisch untersuchen. Es analysiert die syntaktischen Eigenschaften eines Wortes in sehr großen Textsammlungen, insbesondere seine typischen Wortverbindungen und grammatischen Muster. Durch den direkten Vergleich dieser detaillierten Profile konkurrierender Wörter lassen sich die Grenzen ihrer Verwendungspräferenzen sichtbar machen.
Ein Vortrag von Alexander Geyken (ZDL).
Leibniz hat seit den 1680er Jahren mehrfach technologische Innovationen vorgeschlagen, die den Bergbau im Harz betrafen, darunter Formen der Nutzung von Windenergie zur Hebung des Grubenwassers, damals eine Hauptschwierigkeit im Bergbau. Auch ein „Seil ohne Ende“ gehörte zu seinen Vorschlägen. Beim Versuch der Umsetzung dieser Vorschläge wurde Leibniz in harte (und letztlich erfolglose) Kontroversen verwickelt, v. a. mit dem Bergamt von Clausthal. Im Beitrag wird die Struktur dieser Auseinandersetzungen analysiert und mit Leibniz’ hochkarätiger Kontroversentheorie verbunden.
Ein Vortrag von Thomas Gloning (Akademiemitglied, ZDL, Justus-Liebig-Universität Gießen).