Gastgeberin: Dagmar Schäfer (Akademiemitglied, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte)
Wie gehen Gesellschaften früher und heute mit Konflikten um? Mitglieder der Akademie und Wissenschaftler:innen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften erzählen vom Umgang mit Migration im Mittelalter, beleuchten heutige Akzeptanzprobleme bei der Energiewende, begeben sich auf ein Gedankenexperiment zu Euro und Brexit und befassen sich mit der Frage, wie Sprachkonflikte entstehen – und gelöst werden können.
Antworten auf die Migrationsfrage im Mittelalter
Das Mittelalter war wie alle Zeiten der Geschichte von vielfältigen Arten und Reichweiten der Migration geprägt. Gewiss lassen
sich aus dem Umgang mit ihnen keine praktischen Lösungen für heutige Konflikte über die Einwanderung aus anderen Ländern und Kulturen ableiten; eine historische Analyse zeigt aber, dass und wie eine andere Einstellung zur Migrationsfrage zu größerer Gelassenheit verhelfen kann. Der Vortrag von Michael Borgolte (Akademiemitglied, Mittelalterhistoriker, Humboldt Universität zu Berlin) geht, mit vergleichenden Streiflichtern auf ältere Kulturen und Religionen, auf die biblische Überlieferung zurück und verfolgt die Traditionen des lateinchristlichen Umgangs mit Migrationswilligen und Exilanten bis ins frühe Mittelalter.
Umgang mit Konflikten an Standortgemeinden für erneuerbare Energien
Windenergie ja, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür! E-Autos sind cool, aber ich bleibe doch lieber bei einem Benziner! Ich stelle gerne auf eine Wärmepumpe um, wenn der Staat mir die Investitionen zahlt. So oder ähnlich schallt es aus Gesellschaft und Medien: Stimmt das so? Scheitert die Energiewende an mangelnder Akzeptanz? Im Vortrag von Ortwin Renn (Akademiemitglied, Nachhaltigkeitsforscher) geht es darum, eine realistische und wissenschaftlich fundierte Sicht der aktuellen Akzeptanz für erneuerbare Energien in Deutschland zu vermitteln. Wie lassen sich die Einstellungen der Menschen charakterisieren und wie reagieren sie auf geplante Energieanlagen vor Ort? Lassen Sie sich überraschen!
Oder: Über die integrierende Kraft von Münzbildern
Seit dem 1. Januar 2002 gibt es den Euro als Bargeld. Die Deutschen zahlen damit in Österreich, Italien, Frankreich, Griechenland, Irland und anderen europäischen Ländern. Großbritannien hat nie den Euro eingeführt. Am 23. Juni 2016 fand dort ein EU-Mitgliedschaftsreferendum statt, in dem 51,89 % der Teilnehmenden für den EU-Austritt stimmten. Benita Goodman (Podcast „Brexit on Toast“) und Bernhard Weisser (Münzkabinett, Stiftung Preußischer Kulturbesitz) wagen ein Gedankenspiel: Hätte Großbritannien den Euro zum Januar 2002 eingeführt, hätte der vierzehnjährige Umgang mit diesem europäischen Geld dazu beitragen können, die fehlenden Stimmen für den Verbleib in der EU zu gewinnen? Darüber hinaus diskutieren sie die Identifikationskraft von (Münz-)bildern und vergleichen den Euro mit der Münzprägung im Römischen Reich.
Verschiedene Gesellschaften haben sich im Laufe der Zeit mit ihrer eigenen Sprachfrage auseinandergesetzt: In der Regel entsteht dabei eine Kontroverse darüber, welche bestimmte Sprachform verwendet oder als Standard angesehen werden sollte. Wo liegt der Ursprung solcher Kontroversen? Und können sie gelöst werden, wenn man sie objektiv angeht? Ein Vortrag von Artemis Alexiadou (Akademiemitglied, Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft).