Gastgeberin: Birgit Emich (Akademiemitglied, Universität Frankfurt, Vorsitzende Wissenschaftlicher Beirat der Gerda Henkel Stiftung)
Vier Gespräche über neue Formen politischer Ansprache, über Demokratie als Konfliktlöserin, über künstlerische Konkurrenz und über Chancen und Grenzen der Diplomatie. Expert:innen aus Politik, Wissenschaft und Kunst diskutieren über Konflikte – und mögliche Wege der Verständigung.
Die demokratische Gesellschaft befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Wandels der Orte und Medien des Sozialen. Begegnungen und Kooperationen, aber auch Auseinandersetzungen und Konflikte finden immer häufiger in neuen technisch-medialen Kontexten statt. Dabei verändern sich auch die traditionellen
Formen politischer Repräsentation. Politikerinnen und Politiker nutzen neue Möglichkeiten, sich selbst zu entwerfen und zu präsentieren. Konsum, Kleidung, Körperhaltung, Sprache – private Entscheidungen werden dabei oft inszeniert und politisch aufgeladen. Politikwissenschaftlerin Astrid Séville (Leuphana Universität Lüneburg), Soziologe Julian Müller (Universität Hamburg) und Literaturwissenschaftler Christian Kirchmeier (Universität Bremen) zeigen, wie sich politische Präsentation und Repräsentation umformen, moderiert von Hannah Bethke (Welt).
Ist Demokratie die Lösung für Konflikte? Vor einigen Jahren hätte man die Frage mit Gewissheit bejaht, heute ist man sich da nicht mehr so sicher, hofft es vielleicht noch. Zu fragen wäre aber zuvor: Wessen Demokratie ist eigentlich gemeint, und zu welcher Zeit? Die Wahldemokratie des 19. Jahrhunderts? Die Massen- und Fortschrittsdemokratie des 20. Jahrhunderts? Oder vielleicht die Wertedemokratie der Gegenwart? Demokratie bedeutet demnach nicht immer dasselbe, sondern ist nur historisch zu verstehen. Es ist zu fragen: Welche Konflikte wurden zu welcher Zeit gelöst? Und welche Demokratie war dabei möglicherweise die Lösung? Oder aber auch das Problem? Es diskutieren die Politikwissenschaftler Dirk Jörk und David Salomon (Technische Universität Darmstadt) mit Moderator Georgios Chatzoudis (Gerda Henkel Stiftung).
Warum stellten die Künstler aus Renaissance und Barock sich so oft als Zielscheibe des Neides dar? In ihrem Buch "Neid" hinterfragt die Kunsthistorikerin Jana Graul (Universität Hamburg) die geläufige Idee, sie seien dem Laster besonders verfallen gewesen und legt die rhetorischen Strategien ihrer Neidklagen offen. Im Gespräch mit Kunsthistoriker Wolf-Dietrich Löhr (Universität Hamburg) diskutiert sie den individuellen künstlerischen Umgang im Konflikt mit anderen, aber auch: Welche konstruktiven Konkurrenzen, Kollaborationen und Netzwerke stehen den kämpferischen Szenarien gegenüber? Wie prägt eine auf Fortschritt ausgerichtete Konzeption von Wettstreit unseren Kanon der Kunstgeschichte?
Diplomatie oder Krieg? Eine Frage, die in Europa von 1945 bis 1990 keine wirkliche Frage war, weil sie stets mit Diplomatie beantwortet wurde. Erst mit der Auflösung der Blockkonfrontation kehrte der Krieg nach Europa zurück – zuerst nach Jugoslawien, später in den Kaukasus und nach Georgien und aktuell in die Ukraine und nach Palästina. Hinzu kommen die zahlreichen sogenannten Out-of-area-Einsätze europäischer Staaten und die vielen Kriege an europäischen Grenzen wie in Libyen oder Syrien. Diplomatie zieht dabei oft den Kürzeren und stößt gegenwärtig offenbar an ihre Grenzen. So zumindest scheint es. Aber ist es auch tatsächlich so? Ist Diplomatie nicht mehr das Gebot der Stunde? Oder agiert sie eher still und leise und spielt sich zwar unterhalb des Radars öffentlicher Aufmerksamkeit, aber dennoch mit Erfolg ab? Hat sich historisch etwas grundsätzlich geändert oder ist das Verhältnis aus Diplomatie und Krieg stabiler als es scheint?
Es diskutieren der ehemalige Diplomat der Bundesrepublik Martin Kobler (Botschafter u. a. in Pakistan und UN-Sondergesandter in Libyen), die Politologin Linn Selle (Alfred-von-Oppenheim-Leiterin des Europa-Zentrums der DGAP) und der Militärhistoriker Stig Förster (Universität Bern) mit Moderator Georgios Chatzoudis (Gerda Henkel Stiftung).