Salon Sophie Charlotte Überschrift

Einstein-Saal „Gerda Henkel Forum“

 5. OG
Gespräche

Real, irreal, surreal, rational - Szenarien des Übergangs

Gastgeber: Martin Zimmermann, Althistoriker, LMU München

Verwandlungsprozesse sind Szenarien des Übergangs: Im Einstein-Saal „Gerda Henkel Forum“ hören Sie von verlassenen Städten und solchen, die von vornherein anderen Zwecken dienen als in ihnen zu leben. Sie hören von Pflanzenmetamorphosen und vom rätselhaften Geisteszustand des Schlafes. Zu später Stunde laden wir Sie schließlich ein, mit uns unheimliche Mensch-Tier-Metamorphosen zu entdecken.


19:00 - 19:45 Uhr

Lost Cities und Combat Cities – Metamorphose der Stadt

Angesichts einer fortschreitenden Urbanisierung und der ungeheuren Erfolgsgeschichte der Siedlungsform „Stadt" wird selten die paradoxe Kehrseite dieser Geschichte in den Blick genommen. Seit 5.000 Jahren steht der Entstehung von Städten ihr Untergang gegenüber. Verlassene Städte sind ein geradezu allgegenwärtiges Phänomen aller Zeiten und Regionen. Völlig im Verborgenen sind hingegen jene exklusiv vom Militär geplanten und erbauten „Combat Cities“. Sie erscheinen auf keiner Karte und finden in Stadtplanung und Architektur kaum Beachtung. In diesen voll funktionsfähigen städtischen Kampfzentren trainieren Soldat:innen Einsätze in urbaner Umgebung. Über zwei Versionen von Städten, die eine Transformation ihrer eigentlichen Bestimmung erfuhren, kommen Martin Zimmermann (Althistoriker, LMU München) und Julia Schulz-Dornburg (Architektin und Vorsitzende des Kuratoriums der Gerda Henkel Stiftung) ins Gespräch.


20:00 - 20:45 Uhr

„Verwandlung in Blatt“. Zur Kunst- und Kulturgeschichte der Pflanzenmetamorphosen

Im Blick auf aktuelle Ausstellungen – Herlinde Koelbls „Metamorphosen“ oder die Hamburger Ausstellung „Flowers“ – werden Andreas Beyer (Kunsthistoriker, Universität Basel, Kuratorium Gerda Henkel Stiftung) und Thomas Macho (Kulturwissenschaftler und Philosoph, pensionierter Professor für Kulturgeschichte an der HU zu Berlin) über die Kunst- und Kulturgeschichte der Pflanzenmetamorphosen sprechen. Dabei soll ein Bogen geschlagen werden von Ovids Metamorphosen, beispielsweise den Erzählungen über Daphne, Syrinx, die Heliaden, Narcissus, Philemon und Baucis, Hyacinthus oder Myrrha, bis zu den seit einer Reihe von Jahren aktuellen „Plant Studies“ (Rosi Braidotti, Stefano Mancuso, Anna Lowenhaupt Tsing, Matthew Hall usw.) und zu neueren literarischen Werken, etwa von Richard Powers ( „Die Wurzeln des Lebens“), Sheila Heti („Reine Farbe“) oder Han Kang („Die Vegetarierin“).


21:00 - 21:45 Uhr

Raum, Traum, Ruhe: Sphären des schlafwandelnden Bewusstseins

Den Wert des Schlafs als Zugang zu einer höheren Wirklichkeit schätzten die französischen Surrealisten so sehr, dass der Schriftsteller Saint-Pol-Roux, wenn er sich morgens niederlegte, an seiner Tür ein Schild anbrachte: Le poéte travaille – der Dichter arbeitet. Die surrealistische Feier von Schlaf und Traum bildete einen Höhepunkt in der Kulturgeschichte der menschlichen Weltabwesenheit. Der rätselhafte Geisteszustand des totalen Kontrollverlustes war zu allen Zeiten ebenso tief bewegend wie irritierend. Über den Schlaf als eine existenzielle anthropologische Universalie, die die Grundlage für unser Wachbewusstsein, unsere Rationalität und unser Weltverhältnis darstellt, kommen Michael Mönninger (Kunstwissenschaftler, HBK Braunschweig) und Elke Schmitter (Journalistin und Schriftstellerin) ins Gespräch.


22:00 - 22:45 Uhr

Tierisch menschliche Angst - Anthropomorphismus in Geschichte und Kunst

Menschen haben Angst. Darin sind sie dem Tier ähnlich, wenn nicht sogar gleich. Um die Angst greifbar zu machen, braucht der Mensch unheimliche, dämonische, übermenschliche Wesen, auf die sie sich übertragen lässt. Insbesondere in der Frühen Neuzeit verkörperten und spiegelten Hexen und Hexer solche Ängste - mit für sie grausamen Folgen. Die Verwandlung in symbolisch mit Düsternis verbundene tierische (Un)Wesen war dabei ein besonders verbreitetes Motiv: die Metamorphose zu finsteren Raben, kreischenden Katzen, ekligen Kröten, reißenden Wölfen oder schlimmer noch: zum gruseligen Werwolf. Das Motiv der Metamorphose des Menschen zu tiergleichen Körpern nahm einige hundert Jahre später der Maler Arnold Böcklin auf und schuf damit ein künstlerisches Pandämonium mehr. Woher rührt dieses die Menschheit begleitende Motiv des Anthropomorphismus, der Verwandlung in ein Tier? Wie funktioniert diese Transformation? Was wird dabei intendiert? 

Ein Gespräch mit den Historikerinnen und Kulturwissenschaftlerinnen Erika Münster-Schröer (Universität Duisburg-Essen) und Kerstin Borchhardt (Katholische Privatuniversität Linz), moderiert von Georgios Chatzoudis (Gerda Henkel Stiftung).