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Zeitkapseln aus dem Deutschen Literaturarchiv

Gastgeberin: Sandra Richter (Deutsches Literaturarchiv Marbach)

2023 hat das gut 560 Kilometer vom Gendarmenmarkt entfernte Deutsche Literaturarchiv Marbach (DLA) in der BBAW eine neue Dependance eröffnet. Regelmäßig sollen fortan Bestände aus den legendären 40.000 grünen Archivkästen auch in Berlin präsentiert werden. Drei „Zeitkapseln“ mit Neuerwerbungen machen den Anfang.

19:00 Uhr Eröffnung

Sandra Richter, Direktorin des DLA, führt gedanklich vom Neckar an die Spree.

19:15 Uhr Deutsch-französische Freundschaften: Heimito von Doderer, Marguerite Yourcenar und Jean Cocteau im Familien-Archiv Wiemer-Boudot-Lamotte

vorgestellt von Nikola Herweg (DLA) im Gespräch mit Emmanuel Wiemer.

Der Verlagslektor Horst E. Wiemer arbeitete von 1936 bis 1977 im Verlag C.H. Beck und gilt als Entdecker des Romanciers Heimito von Doderer. Wiemers spätere Frau Madeleine Boudot-Lamotte wiederum war von 1938 bis 1944 bei Gallimard in Paris angestellt. Durch sie und ihren Bruder kamen Briefe von Annette Kolb, Jean Cocteau, Marguerite Yourcenar, aber auch Widmungen von Proust ins Familienarchiv. Dieses Archiv mit wichtigen Zeugnissen zur österreichischen, deutschen und französischen Literatur aus der Zeit der größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts hat Emmanuel Wiemer, der Sohn des Ehepaars Wiemer, nun dem DLA gestiftet. Nikola Herweg leitet das Helen und Kurt Wolff-Archiv für Exilliteratur im DLA und ist unter anderem Herausgeberin von Werken und Briefen von Hilde Domin, Nelly Sachs, Felix Hartlaub und Ilse Aichinger.
 

20:00 Uhr Was man vor der Wendezeit über den Kanon dachte: ein Koffer von Kulturminister Hoffmann

geöffnet von Ulrich von Bülow (DLA).

Kürzlich wurde ein Konvolut von Briefen an Hans-Joachim Hoffmann (1929–1994), den damaligen Kulturminister der DDR, erworben. 1983 hatte Hoffmann Persönlichkeiten aus allen gesellschaftlichen Bereichen um Auskunft über ihre Lektüre gebeten. In 289 Antwortschreiben berichteten Offiziere der NVA, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Ärzte, Kulturschaffende u. v .a. über Bücher, die sie besonders beeindruckt hatten, darunter Günter de Bruyn, Peter Hacks, Erik Neutsch, Werner Tübke, Christa Wolf und der Fliegerkosmonaut Sigmund Jähn. Ihre bisher unbekannten Briefe erlauben überraschende Einblicke in das intellektuelle Leben der DDR. Ulrich von Bülow leitet die Marbacher Archiv-Abteilung. 2018 erschien von ihm „Papierarbeiter. Autoren und ihre Archive“, 2021 veröffentlichte er zusammen mit Matthias Bormuth „Ins Denken ziehen“, einen Band mit Gesprächen mit Dieter Henrich.

21:00 Uhr Von Penig bis Istanbul: Hinterlassenschaften der Lyrikerin Barbara Köhler

gesichtet von Marie Luise Knott und Jan Bürger (DLA).

Die im sächsischen Penig aufgewachsene Barbara Köhler starb Anfang 2021 in Mülheim an der Ruhr. Da war sie gerade mal 61 Jahre alt. Seitdem mehren sich die Stimmen, die sie für eine der wichtigsten deutschsprachigen Lyrikerinnen ihrer Generation halten. Ihren Nachlass hat Köhler dem DLA vermacht: Er wirft Licht auf die wechselhafte Lebenszeit einer Autorin, die in der DDR unter dem Stichwort „Feminist“ bespitzelt wurde, gleich nach der Wende im Suhrkamp Verlag debütierte, ins Ruhrgebiet zog, Samuel Beckett und Gertrude Stein für sich entdeckte und für ein Buch über Istanbul mit dem Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet wurde. Im März 2024 erscheint ein neuer Auswahlband, "Schriftstellen", mit ihren Texten in der Bibliothek Suhrkamp, der von Marie Luise Knott herausgegeben wird. Knott, Autorin und Herausgeberin, Kuratorin und Übersetzerin, schrieb u.a. über Erwin Piscator, Karl Wolfskehl, Bertolt Brecht und Paul Klee sowie über Hannah Arendt. Jan Bürger leitet in Marbach das Suhrkamp-Archiv. Neben Büchern über HansHenny Jahnn und Gottfried Benn veröffentlichte er unter anderem „Zwischen Himmel und Elbe. Eine Hamburger Kulturgeschichte” (2020).